In den vergangenen Jahrzehnten wurde Lachgas vermehrt am Rande von Musikfestivals konsumiert (“Hippie Crack”), in den letzten Jahren hat es sich jedoch zu einer weit verbreiteten Modedroge unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt. Wie bei so manch fragwürdigem Trend haben die sogenannten sozialen Medien stark zu dieser Verbreitung beigetragen. Versprochen wird ein harmloses Rauscherlebnis ohne Abhängigkeitsgefahr oder physische Schäden. Da Lachgas auch zu anderen Zwecken (u.a. zum Aufschäumen von Schlagsahne) verwendet wird, ist es bislang frei verkäuflich und auch für Jugendliche einfach zu beschaffen.
Bei der missbräuchlichen Verwendung als Rausch- und Partydroge wird der Inhalt von Lachgas-Kartuschen in Ballons umgefüllt und das farblose, süßlich riechende Gas anschließend aus diesen Ballons heraus eingeatmet. Bei Unwissenheit droht hier die erste Gesundheitsgefahr: Wird das Gas direkt aus der Kartusche eingeatmet, drohen Erfrierungen an Mund und Rachen sowie Lungenverletzungen, denn Distickstoffmonoxid kühlt beim Ausdehnen auf bis zu minus 55 Grad Celsius ab.
Was bewirkt Lachgas im Körper?
Im Gegensatz zur medinischen Anwendung wird Lachgas als Droge meist unverdünnt eingeatmet. Über die Lunge gelangt es ins Blut und von dort weiter ins Gehirn und Nervengewebe. Dort verändert es die Reaktion und den Stoffwechsel von Nervenzellen und löst ein unmittelbar einsetzendes Gefühl von Euphorie, Glück und Entspannung aus, das i.d.R. nur einige Minuten anhält und oftmals auch zu dem namensgebenden Lachen führt.
Allerdings beeinflusst der Konsum des Gases auch die Wahrnehmung von Umgebung und Zeit sowie die Koordinationsfähigkeit, was eine erhöhte Unfall- und Verletzungsgefahr mit sich bringt. Und da die Lunge während des Einatmens aus dem Ballon keinen Sauerstoff erhält, kann ein vorübergehender Sauerstoffmangel auftreten, der mit Gefühlen von Benommenheit und Schwindel einhergeht. Auch Kopfschmerzen und Erbrechen können im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Konsum auftreten.
Intensiver Konsum kann Nerven schädigen
Derzeit fehlen noch Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen des Langzeitkonsums. Bei seltenem Konsum und kleineren Mengen geht man von keinen gravierenden langfristigen Folgen aus. Bei intensiverem Konsum über einen längeren Zeitraun häufen sich allerdings alarmierende Beobachtungen – gerade in Hinblick auf die Schädigung von Gehirn und Nerven.
Unter anderem hemmt Lachgas in Blut- und Nervenzellen die Verwertung des Vitamins B12, das mit der Nahrung aufgenommen wird. Vitamin B12 spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau der Nerven und bei der Blutbildung. Ein dauerhafter Vitamin-B12-Mangel kann zu einer Schädigung des Rückenmarks und der peripheren Nerven führen. Das kann sich anfänglich durch Missempfindungen bemerkbar machen wie Kribbeln in Händen oder Füßen oder durch das Gefühl, als würden kleine Nadeln in die Haut piksen.
Psychische Folgen wie Psychosen, Halluzinationen und Stimmungsschwankungen werden von Fachleuten ebenso als mögliche Folgen eines längerfristigen, intensiven Lachgas-Konsums angeführt wie die Gefahr von Thrombosen, Embolien oder Herzinfarkten. Ob Lachgas körperlich abhängig machen kann, ist bislang noch unklar. Eine psychische Abhängigkeit durch das wiederholte Gefühl der Entspannung beim Konsum kann jedoch durchaus entstehen. Der Mischkonsum von Lachgas mit anderen Drogen bringt zusätzliche Risiken mit sich.
Gesetzliche Einschränkungen in immer mehr Ländern
Aufgrund gehäufter Beobachtungen von ernsthaften Gesundheitsrisiken durch den Lachgas-Konsum reagieren immer mehr europäische Länder mit Verboten bzw. Einschränkungen. In den Niederlanden, wo der „Trend“ relativ früh einsetzte, darf Distickstoffmonoxid inzwischen nur noch für medizinische oder technische Zwecke eingesetzt werden. In Großbritannien ist der private Besitz von Lachgas seit Ende 2023 ebenfalls illegal. In Frankreich und Belgien wurde die Abgabe an Minderjährige untersagt, Deutschland plant demnächst nachzuziehen. In Österreich gibt es derzeit noch keine Einschränkungen.
Bedauerliche Wiederkehr als Partydroge
Der Missbrauch von Distickstoffmonoxid als Partydroge ist historisch betrachtet übrigens kein neues Phänomen. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts hatte der englische Apotheker-Gehilfe Humphry von einer schmerzbetäubenden Wirkung des Gases berichtet. Statt einer weiteren Erforschung im medizinisch-pharmazeutischen Kontext wurde Distickstoffmonoxid jedoch aufgrund seiner ebenfalls berauschenden und euphorisierenden Wirkung zunächst von Angehörigen der Oberschicht für Rauscherlebnisse genutzt – der Trivialname Lachgas entstand. Außerdem kam es zum Amusement der Besucher:innen auf Jahrmärkten und Varietés zum Einsatz. Erst in den 1840er Jahren erkannte man das Potential des Gases als Analgetikums in der Zahnmedizin.