Eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Wien zeigt, dass eine strukturierte Analyse eingenommener Arzneimittel in der Apotheke die Zahl von gesundheitlichen Problemen um bis zu 70 Prozent reduzieren kann. Darüber hinaus steigert eine Medikationsanalyse die individuelle Gesundheitskompetenz. Gleichzeitig wird die Therapieadhärenz, das ist die Bereitschaft und Fähigkeit einer Patientin bzw. eines Patienten, die Behandlungsempfehlungen des Arztes zu befolgen, deutlich verbessert. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie von Österreichischer Apothekerkammer, MedUni Wien und Dachverband der Sozialversicherungsträger.
Weitere wichtige Erkenntnisse der Studie sind: Die Medikationsanalyse steigert das subjektive Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten signifikant. Sie kann die Zahl der notwendigen Medikamente bzw. Wirkstoffe um ca. zehn Prozent reduzieren. Teilnehmende der repräsentativen Studie waren Patientinnen und Patienten aus der Gruppe von rund 500.000 Menschen in Österreich, die von Polypharmazie betroffen sind und täglich acht oder mehr Arzneimittel einnehmen.
Um bis zu
70,00 %
kann eine Medikationsanalyse in der Apotheke arzneimittelbezogene Probleme bei Polypharmazie-Patient:innen reduzieren.
„Die Medikationsanalyse ist eine wichtige pharmazeutische Dienstleistung für alle Menschen, die mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen. Bei einer Medikationsanalyse in der öffentlichen Apotheke wird die Gesamtmedikation einer Patientin bzw. eines Patienten fachlich und systematisch unter die Lupe genommen. Dadurch können nicht mehr benötigte Medikamente identifiziert und Wechselwirkungen minimiert werden. Die Vorteile sind durch die Studie klar belegt: verbesserte persönliche Gesundheit, erweiterte individuelle Gesundheitskompetenz, höhere Therapietreue, sowie geringere spätere Behandlungskosten für das Gesundheitssystem. Die Studienergebnisse belegen auf beeindruckende Weise die Bedeutung dieses neuen Serviceangebots. Ich hoffe daher, dass die Medikationsanalyse in Österreich möglichst bald, ebenso wie in Deutschland, als kassenfinanzierte Leistung der Apothekerschaft zumindest allen 500.000 Polypharmazie-Patientinnen und -Patienten zugutekommen kann“, gibt Raimund Podroschko, Vizepräsident der Apothekerkammer Österreich, bekannt.
Studienleiter Christian Schörgenhofer, Leiter der Arzneiambulanz der MedUni Wien, bringt die Bedeutung dieser wissenschaftlichen Erhebung auf den Punkt: „Mit der Studie unter Beteiligung der Apothekerkammer wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass eine strukturierte Medikationsanalyse in Apotheken zu einer signifikanten Reduktion von arzneimittelbezogenen Problemen und zu einer Verbesserung der Therapieadhärenz sowie der Gesundheitskompetenz führen kann.“
Mehr als
500.000,00
Menschen in Österreich sind von Polypharmazie betroffen und müssen täglich fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen.
Politik und Gesundheitswesen befürworten Medikationsanalyse in der Apotheke
„Die Medikationsanalyse durch Apotheker:innen ist eine Kerntätigkeit des Apothekerberufs. Sie hat wesentliche Auswirkungen die gemeinsam mit der e-Medikation auch im Zielsteuerungsmonitoring als wichtige Kennzahl beobachtet wird. In den letzten Jahren können sowohl bei der Polypharmazie als auch bei der inadäquaten Medikation leichte Fortschritte beobachtet werden. Mit der Weiterentwicklung von ELGA, der Verpflichtung von allen niedergelassenen Ärzt:innen zur Diagnosecodierung sowie der verpflichtenden e-Card, e-Rezept und ELGA-Teilnahme von Wahlärzt:innen erwarte ich weitere Fortschritte bei der Polypharmazie durch höhere Transparenz und wesentlich verbesserte Datengrundlagen. Die hohe Kompetenz der Apotheker:innen wird uns in unseren Bemühungen auch weiterhin unterstützen“, betont Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse und aktueller Vorsitzender in der Konferenz des Dachverbands der Sozialversicherungsträger.
Unterstützung kommt auch von Michaela Wlattnig, Sprecherin der PatientenanwältInnen Österreichs: „Die Möglichkeit einer Medikationsanalyse durch öffentliche Apotheken wird von den Patientenanwält:innen Österreichs unterstützt. Wir wissen, dass gerade Menschen, die mehrere Medikamente einnehmen müssen, oft von Neben- und/oder Wechselwirkungen berichten und die Therapietreue damit nicht immer gegeben ist. Es ist aber im Sinne der Patient:innensicherheit unbedingt zu fordern, dass die Ergebnisse von Medikationsanalysen den Patient:innen schriftlich ausgehändigt werden mit dem klaren Verweis auf die Notwendigkeit mit dem behandelnden Arzt entsprechend Rücksprache zu halten. Es ist unbedingt zu fordern, dass die Medikationsanalyse als Kassenleistung etabliert wird, denn gerade bei der älteren und pflegebedürftigen Bevölkerung würde dies einen erheblichen gesundheitlichen Mehrwert bedeuten. Ein besonderes Anliegen ist es mir, dass diese Möglichkeit auch den Menschen in den Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung steht, denn diese sind häufig von Polypharmazie betroffen.“
Die österreichischen Pensionistenverbände sehen in der Medikationsanalyse einen großen Fortschritt bei der Gesundheitsversorgung der älteren Bevölkerung. „Vor allem ältere oder pflegebedürftige Menschen müssen täglich und dauerhaft mehrere Medikamente nehmen. Sie sind damit oft überfordert und verlieren über die Jahre den Überblick, welche sie wann, weshalb und in welcher Dosierung einnehmen sollen – und ob sich diese Mittel vertragen. Die Medikationsanalyse wäre deshalb von großem Nutzen. Sie sollte es als Kassenleistung geben, damit sie für alle Betroffenen leistbar ist“, erklärt Ingrid Korosec, Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes.
Peter Kostelka, Präsident des Pensionistenverband Österreichs, hält fest: „Der Pensionistenverband Österreichs als Interessensvertretung der älteren Generation begrüßt und unterstützt diese wichtige Initiative zu 100 Prozent. Personen über 60 nehmen im Schnitt zwei bis drei verschiedene Medikamente ein, bei der Generation 80-Plus sind es bereits vier bis fünf. Durch die Medikationsanalyse kann hier das Risiko von Wechselwirkungen minimiert werden. Sie ist damit ein wichtiger Fortschritt, der zu einem Mehr an Sicherheit bei der Medikamenteneinnahme führt und sollte für alle Menschen – flächendeckend, niederschwellig und ohne finanzielle Hürden zur Verfügung stehen.“