Seit Medikamente, die Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) wie beispielsweise Semaglutid enthalten und ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurden, von Prominenten und bei „Social Media“ als Abnehm- und Schlankheitsmittel für jedermann angepriesen werden, hat sich in vielen Ländern die Nachfrage nach diesen Produkten vervielfacht. Und wo es eine starke Nachfrage gibt, wittern leider auch schnell Kriminelle das große Geschäft. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt die verwerflichen Praktiken von illegalen Online-Apotheken in diesem Bereich auf. Diese reichen vom Lieferbetrug bis zum Anbieten gefährlicher Produktfälschungen.
Die US-amerikanischen und europäischen Autoren der Studie suchten mittels populärer Suchmaschinen nach (vermeintlichen) Online-Apotheken, die Semaglutid-Präparate im Internet anbieten. Die Suche ergab eine Stichprobe von 317 “Online-Apotheken“, von denen 134 – also fast die Hälfte - illegal waren. Illegale Online-Apotheken operieren ohne Betriebserlaubnis, geben rezeptpflichtige Medikamente teils ohne Rezept ab und stellen bereits dadurch eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung dar.
Lieferbetrug bei der Hälfte der Testkäufe
Im zweiten Schritt führten die Forscher auf einigen der ermittelten Websites Testkäufe (Semaglutid-Injektions-Pens) durch – mit besorgniserregendem Ergebnis. Die Hälfte der Bestellungen kam nie an und teils wurden zusätzlich auch noch mehrere hundert Euro für vermeintliche Zollgebühren verlangt. Die potentiellen Käufer:innen erwartet also eine reine Betrugsmasche: Zahlung im Voraus, jedoch nie ein Produkt erhalten.
Sehr niedriger Reinheitsgrad des Wirkstoffes bei allen Proben
A propos rein: Eine chemische Analyse der angekommenen Internet-Produkte ergab, dass der Reinheitsgrad des Wirkstoffes bei allen untersuchten Proben nur im Bereich zwischen 7 und 14 Prozent lag – beim Originalprodukt sind es laut Hersteller 99 Prozent. Außerdem überstieg der Wirkstoffgehalt in jeder Probe die auf der Packung angegebene Menge um 29 bis 39 Prozent. Eine Überdosierung von Semaglutid kann u.a. schweren Brechreiz auslösen. In einer Probe wurde zudem ein deutlich erhöhter Endotoxin-Wert festgestellt, was auf eine mikrobiologische Verunreinigung hindeutet. Auf allen gelieferten Packungen zeigten sich zudem grobe Mängel bei den behördlich verpflichtend anzuführenden Informationen, was den Verdacht unlizensierter und gefälschter Produkte erhärtet.
Gefälschte „Schlankheitsmittel“ auch in Österreich eine Gefahr
Semaglutid-basierte Medikamente in illegalen Online-Apotheken zu bestellen, scheint also gar keine gute Idee zu sein. Gefährlich kann es aber auch werden, wenn gefälschte Medikamente ihren Weg zu Patient:innen über vermeintlich vertrauenswürdige Instanzen finden. So musste beispielsweise im Herbst 2023 eine Frau wegen schwerer Nebenwirkungen im Spital behandelt werden, nachdem sie ein populäres Semaglutid-Präparat von einem Salzburger Schönheitschirurgen für viel Geld gekauft und eingenommen hatte. In dem gefälschten Produkt hatte sich laut dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) statt Semaglutid vermutlich Insulin befunden. Die Apothekerkammer ging juristisch erfolgreich gegen den Arzt vor.
Arzneimittelsicherheit bietet nur die Apotheke vor Ort
Um sich vor bösen und mitunter lebensgefährlichen Überraschungen zu schützen, sollten Medikamente grundsätzlich nur in der Apotheke vor Ort bezogen werden. Nur dort ist die Kette vom Hersteller bis zur Abgabe an die Patient:innen lückenlos dokumentiert und die Echtheit des Produktes garantiert. Außerdem dürfen in Österreich rezeptpflichtige Medikamente wie eben beispielsweise Arzneimittel, die auf dem Wirkstoff Semaglutid basieren, grundsätzlich nicht über das Internet angeboten werden. Anderslautende Angebote im Internet stellen daher immer einen Betrug oder eine andere illegale Aktivität dar.
Zudem appelliert die Apothekerkammer an Nicht-Diabetiker:innen, semaglutidhaltige Diabetesmedikamente nicht zum Abnehmen von einigen Kilos aus Lifestyle-Gründen zu verwenden, um nicht die Versorgung von Diabetiker:innen mit dringend benötigten Medikamenten durch Engpässe zu gefährden.