„Gesundheit beginnt im Kopf“ ist ein häufig bemühter Satz, wenn es darum geht, Menschen zu einem gesünderen Lebensstil zu bewegen. Manche Stimmen gehen aber noch einen Schritt weiter und behaupten, dass bereits das, was in unserem Kopf passiert – sprich unsere Gedanken – , einen unmittelbaren Einfluss auf unsere Gesundheit hat: Positives Denken und eine optimistische Lebenseinstellung sollen unsere Gesundheit stärken. Was ist dran an dieser These?
In der wissenschaftlichen Forschung wurden einige Zusammenhänge zwischen positivem Denken und Gesundheit berichtet, wobei diese in ihrer Komplexität und den zugrunde liegenden Mechanismen variieren. Zu beachten gilt es, dass diese Effekte im Vergleich zu anderen Faktoren wie gesunder Ernährung, ausreichend Schlaf oder regelmäßigem Sport vergleichsweise gering ausfallen und es auch methodisch nicht einfach ist, den Einfluss von positiven Gedanken trennscharf von anderen Einflussfaktoren zu untersuchen. Hier sind einige Beispiele für postulierte Zusammenhänge:
Positives Denken kann helfen, Stress abzubauen. Menschen, die eine optimistische Haltung einnehmen, zeigen oft niedrigere Werte von Stresshormonen wie Cortisol. Stressbewältigungsstrategien, die auf positiven Denkweisen basieren, können dazu beitragen, dass sich Menschen weniger gestresst fühlen und ihre körperliche Gesundheit besser erhalten bleibt.
Es gibt Hinweise darauf, dass Optimismus und positive Gedanken das Immunsystem stärken können. Studien deuten darauf hin, dass Menschen mit einer positiven Einstellung eine höhere Immunantwort auf Impfungen zeigen und insgesamt weniger anfällig für Infektionen sind.
Positive Gedanken und eine optimistische Einstellung können dazu beitragen, Schmerz besser zu bewältigen. Menschen, die positiv denken, berichten oft von einer besseren Schmerzkontrolle und einer höheren Lebensqualität, selbst wenn sie mit chronischen Schmerzen oder Krankheiten konfrontiert sind.
Positives Denken und Optimismus scheinen mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden zu sein. Forscher:innen haben herausgefunden, dass optimistische Menschen weniger wahrscheinlich an Herzkrankheiten erkranken und eine bessere Herzgesundheit aufweisen als pessimistischere Menschen.
Positives Denken kann auch dazu beitragen, die psychische Gesundheit zu verbessern. Menschen mit einer positiven Einstellung neigen dazu, weniger unter Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Erkrankungen zu leiden. Positive Gedanken können auch die Resilienz erhöhen und helfen, besser mit Herausforderungen und Rückschlägen umzugehen.
Einzelne Studien deuten darauf hin, dass Menschen mit einer positiven Grundhaltung tendenziell länger leben. Zum Beispiel haben Untersuchungen ergeben, dass optimistische Menschen eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, das Rentenalter zu erreichen und weniger anfällig für vorzeitigen Tod sind.
Größere Einigkeit besteht in der Forschung über die nachträglichen Auswirkungen von häufigem bzw. dauerhaftem negativen Denken auf unsere Gesundheit. Hier sind einige der dokumentierten negativen Effekte:
Chronisches negatives Denken ist oft mit einem erhöhten Stressniveau verbunden. Stress kann verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und ein geschwächtes Immunsystem.
Langfristig kann negatives Denken das Immunsystem schwächen. Studien haben gezeigt, dass chronischer Stress und negative Emotionen mit einer verminderten Immunantwort in Verbindung stehen.
Negative Emotionen, insbesondere chronische Angst und Pessimismus, sind mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert. Verschiedene Studien lassen vermuten, dass diese emotionalen Zustände den Blutdruck und die Herzgesundheit negativ beeinflussen können.
Negative Denkmuster sind eng mit psychischen Gesundheitsproblemen wie Depressionen und Angststörungen verbunden. Pessimistische Denkweisen können das Risiko erhöhen, an Depressionen zu erkranken.
Negatives Denken kann mit einer verkürzten Lebensdauer einhergehen. Einige Studien haben ergeben, dass Pessimismus mit einer kürzeren Lebenserwartung korreliert.
Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass positives Denken für unsere Gesundheit förderlicher ist als mit vielen negativen Gedanken durch’s Leben zu gehen. Und noch eine gute Nachricht: Sowohl positives Denken als auch das Abstellen von negativen Gedankenmustern (z.B. durch übertriebene Selbstoptimierung oder Perfektionismus) kann trainiert werden.
Übertriebene oder naive Erwartungen an die Wirkung von positivem Denken sind jedoch auch keine gute Idee. So können beispielsweise positive Gedanken alleine natürlich keinen Ersatz für eine ärztliche und medikamentöse Therapie bei ernsten Erkrankungen wie z.B. Krebs darstellen. Generell ist positives Denken alleine kein Allheilmittel für die Herausforderungen des Lebens. Wenn man sich zwingt, positiv zu denken, obwohl man das Gegenteil empfindet, führt das zu innerem Druck, Stress und fragwürdigen Beschwichtigungen. Wichtig scheint es also zu es, die Balance zu finden, realistische Erwartungen an die Geschehnisse und Herausforderungen im Leben zu entwickeln und sich bewusst zu werden, dass beide Extreme - übermäßiger Pessimismus und unreflektierter Optimismus - ihre Risiken bergen.