Adipositas, auch als Fettleibigkeit bekannt, ist mehr als nur ein ästhetisches Problem. Sie ist eine ernsthafte chronische Erkrankung, die sowohl die Lebensqualität als auch die Lebenserwartung erheblich beeinträchtigen kann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und zahlreiche medizinische Fachgesellschaften haben Adipositas als eigenständige Krankheit anerkannt, da sie mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Komplikationen einhergeht. Der Welt-Adipositas-Tag am 4. März soll mehr Bewusstsein für die Krankheit schaffen.
In Österreich sind rund 2,5 Millionen Menschen über 15 Jahre übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m²) und etwa 1,2 Millionen Menschen leiden an Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²). Immer häufiger beginnt Adipositas schon in den frühen Lebensjahren. Laut einem Report der WHO steigt der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher in Europa seit Jahrzehnten stark an. In Österreich gelten inzwischen rund 28 von 100 Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren als übergewichtig oder adipös. Bei Jugendlichen im Alter von 10 bis 19 Jahren sind rund 26 von 100 übergewichtig oder adipös. Insgesamt sind hierzulande etwa 240.000 Kinder und Jugendliche von Übergewicht oder Adipositas betroffen. Jungen sind dabei deutlich häufiger übergewichtig oder adipös als Mädchen. Eine unlängst erschienene Studie des Instituts für Höhere Studien Wien (IHS) kam zudem zum Schluss, dass über 8 Prozent aller Todesfälle (unter 85 Jahre) und knapp fünf Prozent der Gesundheitsausgaben in Österreich auf Adipositas zurückzuführen sind.
Ab wann spricht man von Adipositas?
Die Klassifikation von Adipositas erfolgt in der Regel anhand des Body-Mass-Index (BMI), der sich aus dem Verhältnis von Körpergewicht (in Kilogramm) zur Körpergröße (in Metern zum Quadrat) berechnet. Nach den Kriterien der WHO gelten bei Erwachsenen folgende Kategorien:
Diese Werte dienen als Orientierung, doch auch andere Faktoren wie Körperfettverteilung und Muskelmasse müssen berücksichtigt werden. Bei Kindern und Jugendlichen müssen bei der BMI-Bestimmung zudem auch Wachstumskurven beachtet werden.
Adipositas entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel aus genetischen, hormonellen, umweltbedingten und psychologischen Faktoren. Sie verursacht chronische Entzündungen im Körper, beeinflusst den Stoffwechsel und erhöht das Risiko für über 100 Folgeerkrankungen signifikant. Da Adipositas häufig mit Funktionsstörungen verschiedener Organsysteme einhergeht, ist sie eine ernstzunehmende medizinische Herausforderung und kann in aller Regel nicht nur durch Willensstärke oder veränderte Essgewohnheiten alleine behoben werden.
Übergewicht belastet das Herz-Kreislauf-System, erhöht den Blutdruck und kann zu Arteriosklerose führen, was das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle steigert.
Adipositas fördert Insulinresistenz, wodurch die Blutzuckerwerte ansteigen und die Entwicklung von Diabetes Typ 2 begünstigt wird.
Studien zeigen, dass Adipositas das Risiko für verschiedene Krebsarten, darunter Brust-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs, erhöht.
Durch das erhöhte Körpergewicht werden Gelenke, insbesondere Hüften und Knie, stärker belastet, was Arthrose begünstigt.
Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) tritt häufig bei übergewichtigen Menschen auf und kann zu einer Leberzirrhose führen.
Adipositas beeinflusst den Hormonhaushalt und kann zu Störungen wie dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) bei Frauen führen.
Adipositas geht häufig mit Depressionen, Angststörungen und geringem Selbstwertgefühl einher, was die Lebensqualität zusätzlich mindert.
Übermäßiges Fettgewebe kann die Atemwege beeinträchtigen, was zu Atemaussetzern im Schlaf führt.
Die beste Möglichkeit, um Adipositas zu begegnen, ist natürlich der Krankheit durch wirksame Präventionsmaßnahmen vorzubeugen bzw. möglichst frühzeitig Gegenmaßnahmen zu setzen. Hier spielen Apotheker:innen als Gesundheitsspezialist:innen und Vertrauenspersonen eine wichtige Rolle. Sie klären adipositasgefährdete Personen über gesunde Ernährung, Bewegung und die Bedeutung einer Verhaltensänderung auf. In vielen Apotheken werden auch Gewichts- und BMI-Messungen vorgenommen, die als Basis dienen können, um Patient:innen frühzeitig auf ein erhöhtes Adipositas-Risiko hinzuweisen.
Liegt bereits Adipositas vor, erfordert die Behandlung einen ganzheitlichen Ansatz, der Lebensstiländerungen, medikamentöse Therapien und in manchen Fällen auch chirurgische Eingriffe umfasst. Die Grundlage jeder Adipositas-Therapie bildet eine Veränderung der Ess- und Bewegungsgewohnheiten. Das Erkennen von ungesunden Essgewohnheiten, die Umstellung auf eine zunehmend gesunde, kalorienreduzierte Ernährung mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen, Proteinen und gesunden Fetten sowie regelmäßige körperliche Aktivität (mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche, beispielsweise in Form von Spazierengehen, Radfahren oder Schwimmen) sind dabei essenziell. Wenn das Körpergewicht durch eine Lebensstiländerung nicht signifikant reduziert werden kann, können zusätzlich gewichtssenkende Medikamente eingesetzt werden, die beispielsweise die Fettaufnahme im Darm hemmen (z.B. Orlistat), die das Sättigungsgefühl erhöhen und die Magenentleerung verlangsamen (z.B. Liraglutid oder Semaglutid) oder den Appetit reduzieren (z.B. Naltrexon-Bupropion).
Adipositas-Patient:innen, die Medikamente einnehmen müssen, profitierten von der Arzneimittel-Expertise der Apotheker:innen, denn diese erklären ihnen, wie sie die Medikamente richtig einnehmen und welche Neben- und Wechselwirkungen auftreten können. Gerade eine Überprüfung auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ist besonders wichtig, da viele Adipositas-Patient:innen noch weitere Medikamente gegen Begleiterkrankungen einnehmen. Da Adipositas eine chronische Erkrankung ist und Menschen nicht selten über ganze Lebensabschnitte hinweg davon betroffen sind, fungieren Apotheker:innen oftmals über viele Jahre als wichtige Ansprechpartner:innen vor Ort und tragen dazu bei, die Betreuung zu optimieren.