„Von den vielen Welten, die der Mensch nicht von der Natur geschenkt bekam, sondern aus dem eigenen Geist erschaffen hat, ist die Welt der Bücher die größte“, schrieb einst der berühmte Schriftsteller und Dichter Hermann Hesse. Bücher informieren, bilden und unterhalten – und sie haben es vor allem möglich gemacht, Wissen aus verschiedensten Feldern und Disziplinen über Jahrhunderte zu bewahren und der breiten Gesellschaft zugänglich zu machen.
Mehr 100.000 Bücher aus der Pharmazie und ihren Unterdisziplinen aus sieben Jahrhunderten werden in der Bibliothek der Österreichischen Apothekerkammer aufbewahrt. Sie gehört zu den ältesten und bedeutendsten pharmazeutischen Fachbibliotheken des deutschen Sprachraumes und geht auf die 1802 von Josef Moser gegründete "Pharmazeutisch-chemische Lesegesellschaft" und die "Bibliothek des Allgemeinen österreichischen Apothekervereins" zurück. Anlässlich des Welttags des Buches stellen wir drei besondere Werke aus dem Bestand der Bibliothek vor, die „einen runden Geburtstag feiern“.
Ein auf den ersten Blick kleines, fast unscheinbares Bändchen trägt den Titel „Deutschlands Insekten. V. Bändchen: Käfer“ feiert heuer seinen 200. Geburtstag. 1824 in Nürnberg gedruckt, enthält es neben insektenkundlich äußerst aufschlussreicher Beschreibungen unterschiedlichster Käfer 33 kunstvoll und detailreich gestaltete Kupferstiche des Naturforschers und Kupferstechers Jacob Sturm. Sturm (1771-1848) ist vor allem für seine Naturzeichnungen bekannt und ist auf diesem Gebiet ein bis heute gefeierter Künstler. Die Insektenkunde benennt er in seinen Vorworten als „eine [s]einer Lieblingswissenschaften“. Zur Zeit seines künstlerischen und wissenschaftlichen Schaffens befand sich die Entomologie gerade in einer Übergangsphase. Im 18. Jahrhundert war die Spezialisierung auf eine einzelne Insektengruppe kaum ausgeprägt. In Werken über Insekten wurden vielmehr mehrere oder häufig sogar alle Ordnungen abgehandelt. Mit dem rapiden Anwachsen der Zahl der erforschten Arten (Systematik Linnés) wurde jedoch die Fokussierung auf einzelne Gruppen erforderlich. Obgleich Sturm in seinen Werke bis 1843 stets auf alle Insekten abzielte, lässt sich dennoch eine Bevorzugung der Käfer bemerken. „Deutschlands Flora“, sein wahrscheinlich bedeutendstes Werk, befindet sich ebenfalls im Bestand der Apothekerbibliothek.
Vor 250 Jahren, im Jahr 1774, trat ein neues Arzneibuch, die „Pharmacopoea Austriaco-Provinicialis“ in Kraft. Sie war für alle Ärzte und Apotheker innerhalb des gesamten Habsburgerrreichs verbindlich. Die kurze Einleitung ist u.a. unterzeichnet von Nicolaus Joseph von Jacquin, damals Professor für Chemie und Botanik an der Universität Wien. Der Hauptteil gliedert sich in zwei Abschnitte. Eine Materia Pharmaceutica listet Mineralien sowie Roharzneistoffe pflanzlichen und tierischen Ursprungs (latein und deutsch), unter „Characteres Chemici“ finden sich chemische Merkmale, einige noch im Zeichen der Alchemie. Ebenso finden sich eine Auflistung der Apothekergewichte, detaillierte Anweisungen zum Sammeln und zur Handhabung von Pflanzenteilen und ein Glossar mit Fachbegriffen. Das Arzneibuch folgt einem neuen Konzept: Die medizinischen Inhaltsstoffe und die Rezepturen, deren Anzahl in den verschiedenen Ländern nicht sehr stark variierten, wurden alphabetisch geordnet. Die 4. Auflage des Arzneibuchs (1780) enthielt 49 Mineralien, 348 pflanzliche Arzneien, 45 Tierarzneimittel und etwa 500 formulierte Präparate.
Antoine Baumé, bedeutender französischer Apotheker und Chemiker seiner Zeit, ist der Autor des 3-bändigen Werkes „Chymie expérimentale et raisonnée“ aus dem Jahr 1773, das auf eine knapp über 250-jährige Geschichte zurückblickt. Es trägt die Bibliothekssignatur A2 und gehört somit zu den Büchern, die in den Anfängen der Bibliotheksgeschichte, kurz nach der Gründung des Lesevereins durch den Wiener Apotheker Joseph Moser (1802), in den Bestand gelangten. Baumé reiht sich unter den Erfindern ein: Ein Aräometer, dessen Gradeinteilung nach ihm benannt wurde. Erstmals war es möglich, die Dichten von Schwefelsäure oder galvanischen Bädern zu bestimmen, zur Messung des Alkoholgehalts wurde es ebenfalls benutzt. Er war Mitbegründer der chemisch-pharmazeutischen Schule in Paris, die für die Entwicklung der Chemie in Frankreich sehr bedeutend war und veröffentlichte u. a. auch ein weit verbreitetes Pharmazie-Lehrbuch.
Wer die Bibliothek der Österreichischen Apothekerkammer einmal selbst besuchen möchte, kann telefonisch (+43 1 404 14-125) oder per e-Mail (bibliothek@apothekerkammer.at) einen Termin vereinbaren.