Wien (OTS) - Es ist genau diese Versorgungssicherheit, die seitens der Ärztekammer durch die Forderung nach mehr ärztlichen Hausapotheken gefährdet wird. Zur Begründung bemühte die Ärztekammer im Rahmen ihrer Pressekonferenz am 13. Dezember nun einen wahrlich absurden Vergleich: Wird eine Kuh krank, kommt ein Tierarzt und versorgt das Tier vor Ort mit dem notwendigen Medikament. Wird die Bäuerin krank, kommt ein Hausarzt und stellt ein Rezept aus, das sie in der nächstgelegenen Apotheke einlösen muss.
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Erstens sind Menschen keine Tiere. Zweitens ist der Hausbesuch die Ausnahme und nicht die Regel. Drittens stellt sich die Frage, wo die Menschen ihr Medikament bekommen, wenn der Arzt selbst krank oder im Urlaub ist. Und viertens ist die weitgehende Trennung der ärztlichen Tätigkeit von der Arzneimittelabgabe aus Sicherheitsgründen internationaler Standard.
Im Arzneispezialitätenregister sind gut 16.000 zugelassene oder registrierte Arzneimittel für die Anwendung am Menschen gelistet, was apothekeneigene Zubereitungen noch nicht einmal inkludiert, während es gerade einmal 2.078 Veterinärarzneimittel gibt, von denen nur 641 für Rinder bestimmt sind. Der Vergleich hinkt auch, weil Humanmediziner sehr wohl bei Hausbesuchen Notfallarzneimittel zur direkten Verabreichung an die Patientinnen und Patienten mitführen müssen – man nennt das den ärztlichen Notapparat.
Rund-um-die-Uhr Versorgung nur in der Apotheke
Besonders die Weihnachtszeit ist für die Apothekerschaft äußerst fordernd. Während viele Arztpraxen wieder bis zum Dreikönigstag geschlossen sein werden, sind die Apothekerinnen und Apotheker in ganz Österreich auch an diesen Tagen für die Menschen da, egal bei welchem gesundheitlichen Problem. Die Patientinnen und Patienten stehen im Mittelpunkt!
„Das aktuelle, bereits angeschlagene Gesundheitssystem ist ohne Apotheken nicht aufrechtzuerhalten. Jede Apotheke in Österreich hat durchschnittlich 50 Stunden pro Woche geöffnet. In dieser Zeit werden österreichweit täglich mehr als 500.000 Kundinnen und Kunden persönlich beraten und versorgt. Eine ärztliche Hausapotheke hingegen ist im Vergleich dazu nur etwa 20 Stunden erreichbar, leistet keinen Wochenend- oder Feiertagsdienst und bleibt zirka sieben Wochen im Jahr aufgrund von Urlaub, Krankheit etc. geschlossen“, sagt Mag. pharm. Dr. Gerhard Kobinger, 2. Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer (ÖAK). Für die öffentliche Apotheke gibt es keinen einzigen Schließtag.
Die Hälfte aller Apotheken befindet sich am Land oder in Kleinstädten und ist für 95 Prozent der Bevölkerung innerhalb weniger Minuten zu erreichen. Die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ist nur damit flächendeckend garantiert. Denn wie wir alle wissen, halten sich Krankheiten und gesundheitliche Beschwerden äußerst selten an enge Öffnungszeiten. Hinzu kommt: Während eine öffentliche Apotheke im Schnitt 6.000 unterschiedliche Arzneimittel lagernd hat, sind es bei den Hausapotheken nur rund 250.
Maßnahmen zur Attraktivierung des landärztlichen Berufes müssen an anderer Stelle ansetzen als bei der Medikamentenabgabe. Umfragen zufolge sind es vor allem die zeitliche Belastung und die organisatorischen Rahmenbedingungen, die Jungärztinnen und Jungärzte davon abhalten, Kassenstellen auf dem Land anzunehmen. An diesen Schrauben muss gedreht werden, um die Landmedizin zu fördern.
Trennung ärztliche Tätigkeit und Medikamentenabgabe
Mit seinen aktuell über 800 Hausapotheken ist Österreich international gesehen schon jetzt ein absoluter Einzelfall. Von jenen Ärzten, die in der EU zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, sind beinahe alle in Österreich.
„Die weitgehende Trennung der ärztlichen Tätigkeit von der Arzneimittelabgabe existiert international seit mehr als 800 Jahren als Standard und ist zur Vermeidung potentieller Interessenkonflikte unerlässlich. Internationale Studien weisen darauf hin, dass es zu einer Mehrverschreibung kommt, wenn Arzneimittelverschreibung und -abgabe in einer Hand liegen, was zusätzliche Kosten für das Gesundheitssystem bedeutet“, ergänzt ÖAK-Präsidiumsmitglieder Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi.
Apotheken sind der Schlüssel zur Entlastung des Gesundheitssystems
Apothekerinnen und Apotheker sind eine unverzichtbare wohnortnahe und niederschwellige Anlaufstelle für die Menschen: von der gesundheitlichen Ersteinschätzung über die gezielte Lenkung im System bis zur medikamentösen Versorgung. Je früher und je umfassender die Menschen betreut werden, desto besser für die persönliche Gesundheit und desto geringer die späteren Gesundheitskosten. Denn Bevölkerungswachstum, Zivilisationskrankheiten und die Überalterung der Bevölkerung erhöhen den (finanziellen) Druck auf das Gesundheitssystem. Die Überlastung im medizinischen System nimmt stetig zu. Der Schlüssel zur Entlastung liegt in den Apotheken: Ob vor-Ort-Tests zur Unterstützung der ärztlichen Diagnostik, individuelle Medikamentenherstellung, Impfungen oder telemedizinische Angebote – das (ungenützte) Versorgungspotenzial ist gewaltig.
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