§ 1.1 (1) Das Arzneibuch ist eine vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit bekannt gemachte Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Definition, Herstellung, Qualität, Zusammensetzung, Dosierung, Bezeichnung, Lagerung, Abgabe und Prüfung von Arzneimitteln sowie über die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen von Arzneimitteln.
(2) Das Arzneibuch besteht aus dem Europäischen Arzneibuch gemäß dem Übereinkommen über die Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuchs, BGBl. Nr. 181/1979, und dem Österreichischen Arzneibuch.
§ 2.1 (1) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat durch Verordnung2) die deutschsprachige Fassung des Europäischen Arzneibuchs als „Europäisches Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe“ verbindlich zu erklären und durch Auflage beim Bundesministerium für Gesundheit und bei den Bezirksverwaltungsbehörden kundzumachen. Dabei ist eine unentgeltliche öffentliche Einsichtnahme sicherzustellen.
(2) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat diejenigen Regelungen des Österreichischen Arzneibuchs, welche durch das Europäische Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe, nicht ersetzt werden, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse Österreichs durch Verordnung2 als „Österreichisches Arzneibuch, Amtliche Ausgabe“ verbindlich zu erklären. Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit wird ermächtigt, die Regelungen des Europäischen Arzneibuchs, Amtliche Österreichische Ausgabe, erforderlichenfalls durch zusätzliche Regelungen im Österreichischen Arzneibuch zu ergänzen.3
§ 3.1 Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, AGES, ist das zuständige Institut für fachliche Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Arzneibuch. Sofern der AGES die Durchführung der Untersuchungen nicht möglich ist, können diese in anderen dafür geeigneten Einrichtungen vorgenommen werden.
Für die fachlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit den im Arzneibuch enthaltenen pharmazeutischen Regeln wird die Österreichische Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit GmbH, AGES, als zuständiges Institut benannt, die bereits derzeit diese Untersuchungen durchführt. Eine andere Einrichtung wird insbesondere dann geeignet sein, wenn eine für die Vornahme derartiger fachlicher Untersuchungen erforderliche technische und apparative Ausstattung vorhanden ist (RV 1678 XXIV. GP).
§ 4.1 (1) Arzneimittel sind nach den im Arzneibuch enthaltenen Regeln herzustellen, zu prüfen oder in Verkehr zu bringen. Dies gilt auch für die Beschaffenheit der im Arzneibuch angeführten Behältnisse oder Umhüllungen, sofern diese mit Arzneimitteln direkt in Berührung stehen.2
(2)3 Bei der Prüfung können auch andere Methoden angewendet und andere Geräte benutzt werden, als sie im Arzneibuch beschrieben sind, sofern nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft gewährleistet ist, dass nachweislich die gleichen Ergebnisse wie mit den im Arzneibuch beschriebenen Methoden und Geräten erzielt werden. Bei der Herstellung dürfen nur dann andere Methoden angewendet werden, sofern eine Monographie des Arzneibuchs ein anderes Herstellungsverfahren ausdrücklich zulässt.
(3) Sofern das Arzneibuch keine Regeln über die Herstellung, Prüfung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, Behältnissen oder Umhüllungen enthält, ist der jeweilige Stand der Wissenschaft einzuhalten.4
§ 5.1 (1) Wer Arzneimittel oder die in § 4 Abs. 1 genannten Behältnisse oder Umhüllungen herstellt oder prüft, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen entweder selbst durchzuführen oder
durchführen zu lassen.
(2) Die Verpflichtung gemäß Abs. 1 besteht nicht, wenn bereits entsprechende Prüfzertifikate über die Durchführung der im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen vorliegen.
(3)3 Wer Arzneimittel an Letztverbraucher/innen abgibt, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Identitätsprüfungen durchzuführen. Eine Prüfung auf Identität ist auch dann vorzunehmen, wenn das Arzneibuch keine diesbezüglichen Angaben enthält. Bei der Abgabe von Arzneispezialitäten4 sind solche Identitätsprüfungen nicht erforderlich.
(4)5 Über die gemäß Abs. 1 und 3 durchgeführten Prüfungen sind Aufzeichnungen in schriftlicher oder elektronischer Form zu führen, die mindestens folgende Angaben zu enthalten haben:
Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre gerechnet von der letzten datierten Unterschrift aufzubewahren. Die in elektronischer Form gespeicherten Daten müssen jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können.
§ 6.1 (1) Beim Bundesministerium für Gesundheit wird eine Arzneibuchkommission eingerichtet. Die Arzneibuchkommission hat den/die Bundesminister/in für Gesundheit bei der Erfüllung der ihm/ihr gemäß den §§ 1 und 2 obliegenden Aufgaben zu beraten.
(2) Der Arzneibuchkommission haben als Mitglieder anzugehören:
(3) Für jedes Mitglied ist ein/eine Stellvertreter/in zu bestellen. Die Mitglieder und deren Stellvertreter/innen sind vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Abs. 2 Z 3, 5 und 6 genannten Vertreter/innen steht den betreffenden Institutionen das Vorschlagsrecht zu.
(4) Den Beratungen der Arzneibuchkommission können gegebenenfalls weitere Sachverständige beigezogen werden.
(5) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat für die im Abs. 3 genannte Zeit einen/eine Bediensteten/Bedienstete seines/ihres Ministeriums oder der AGES mit dem Vorsitz der Arzneibuchkommission zu betrauen.
(6) Die Beratungen der Arzneibuchkommission sind nach einer vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit zu erlassenden Geschäftsordnung zu führen.
(7) Die Tätigkeit in der Arzneibuchkommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Arzneibuchkommission oder deren Stellvertretern und den beigezogenen Sachverständigen nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, zu ersetzen.
§ 7.1 (1) Wer
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 200 Euro zu bestrafen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
§ 8. (1) Soweit dieses Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verweist, sind diese Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Mit Inkrafttreten1 dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz vom 17. April 1980 über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz), BGBl. Nr. 195/1980, außer Kraft.
§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der/die Bundesminister/in für Gesundheit betraut.
Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2011/4014 betreffend Öffentliches Auftragswesen - Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für den Druck offizieller Dokumente an die Österreichische Staatsdruckerei GmbH - diverse Rechtsvorschriften beanstandet, die ex lege die Beauftragung der Österreichische Staatsdruckerei mit dem Druck zahlreicher offizieller Dokumente ohne Durchführung einer europaweiten Ausschreibung vorsehen.
Dies betrifft u.a. auch § 2 des Arzneibuchgesetzes, BGBl. Nr. 195/1980 idgF, wonach der/die Bundesminister/in für Gesundheit die deutschsprachige Fassung des Europäischen Arzneibuchs und das Österreichische Arzneibuch in der Österreichischen Staatsdruckerei zu verlegen hat.
Durch den vorliegenden Entwurf des Arzneibuchgesetzes 2012 werden einerseits die Vorschriften des Arzneibuchgesetzes im Sinne einer materiellen und formellen Anpassung an die bestehenden arzneimittel- und apothekenrechtlichen Regelungen überarbeitet, andererseits erfolgt eine Sanierung der europarechtlich bedenklichen Vorgabe betreffend die Veröffentlichung des Europäischen Arzneibuchs und des Österreichischen Arzneibuchs.
Im Übrigen enthält der Entwurf Anpassungen veralteter Zitate und Terminologien, insbesondere im Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Arzneibuchkommission (vgl. RV 1678 XXIV. GP).