Verordnung des Bundesministers für Gesundheit betreffend Betriebe, die Arzneimittel neuverblistern und in Verkehr bringen (Neuverblisterungsbetriebsordnung), Art. 1 BGBl. II Nr. 474/2010
Auf Grund der §§ 62 Abs. 1 und 62a Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes1, BGBl. Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 146/2009, wird verordnet:
§ 1.1 Diese Verordnung findet Anwendung auf Betriebe, die Arzneimittel neuverblistern und in Verkehr bringen.
§ 2.1 Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:
§ 3.1 (1) Betriebe, die Arzneimittel neuverblistern, haben sicher zu stellen, dass alle damit in Zusammenhang stehenden Herstellungsvorgänge gleichbleibend nach Qualitätsstandards gemäß dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgen, der – sofern im Zusammenhang mit der Neuverblisterung zutreffend – der Guten Herstellungspraxis zu entsprechen hat.
(2) Betriebe, die neuverblisterte Arzneimittel in Verkehr bringen, haben sicher zu stellen, dass dies gleichbleibend nach Qualitätsstandards gemäß dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgt, der – sofern im Zusammenhang mit der Neuverblisterung zutreffend – der Guten Vertriebspraxis zu entsprechen hat.
(3) Es dürfen nur
neuverblistert werden.
(4)2 Sofern öffentliche Apotheken in einer über den Apothekenbetrieb gemäß der Apothekenbetriebsordnung 2005 hinausgehenden Häufigkeit, Anzahl oder Menge Arzneimittel neuverblistern und an
abgeben, bedürfen diese einer entsprechenden Bewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz.
(5)2 Sofern Anstaltsapotheken in einer über den Apothekenbetrieb gemäß der Apothekenbetriebsordnung 2005 hinausgehenden Häufigkeit, Anzahl oder Menge Arzneimittel neuverblistern und an
abgeben, bedürfen diese einer entsprechenden Bewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz.
§ 4.1 (1) Über die Vergabe oder Übernahme von Aufträgen, die die Neuverblisterung von Arzneimitteln und jeden damit verbundenen Vorgang betreffen, muss ein schriftlicher Vertrag zwischen der öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke als Auftraggeber und einem Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c oder einer anderen öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke als Auftragnehmer bestehen, der im Betrieb im Original oder in Form einer Kopie ständig aufliegen muss. Auf Verlangen ist der zuständigen Behörde das Bestehen der Vereinbarung nachzuweisen. In diesem Vertrag müssen die Verantwortlichkeiten jeder Seite klar festgelegt werden.
(2) Der Auftraggeber hat sich zu vergewissern, dass der Auftragnehmer die Tätigkeit entsprechend der vorgegebenen Anweisung durchführt und – soweit dies erforderlich ist – über eine entsprechende Bewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz verfügt.
(3) Ein Auftragnehmer darf keine ihm vertraglich übertragene Arbeit ohne schriftliche Genehmigung des Auftraggebers an Dritte weitergeben.
(4) Jeder Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c darf ausschließlich auf Grund eines Auftrags einer öffentlichen Apotheke oder einer Anstaltsapotheke Arzneispezialitäten neuverblistern.
(5) Änderungen am Neuverblisterungsauftrag dürfen nicht ohne Rücksprache beim Auftraggeber vorgenommen werden.
(6) Eine ärztliche Hausapotheke darf nur eine öffentliche Apotheke mit der Neuverblisterung von Arzneimitteln beauftragen, wobei in diesem Fall der öffentlichen Apotheke die Aufgaben und Verantwortlichkeiten gemäß § 11a Apothekenbetriebsordnung 2005 obliegen.
§ 5.1 (1) Jeder Betrieb muss ein wirksames und funktionstüchtiges System der pharmazeutischen Qualitätssicherung entsprechend dem Umfang der durchgeführten Tätigkeit betreiben, das die aktive Beteiligung der Geschäftsführung oder der Apothekenleitung und des Personals der einzelnen betroffenen Bereiche vorsieht.
(2) Das pharmazeutische Qualitätssicherungssystem ist von einer Person mit der entsprechenden Qualifikation zu leiten, die, sofern es sich um einen Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c handelt, von der Herstellung unabhängig sein muss.
(3) Jeder Betrieb muss über ein Qualitätsrisikomanagement verfügen. Die Auswirkungen der Ergebnisse aus diesem Prozess, welche die Qualität der Arzneimittel beeinflussen können, sind zu überwachen. Anschließend sind gegebenenfalls Korrektur- oder Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen. Im Rahmen des Qualitätsrisikomanagementsystems müssen entsprechende Aufzeichnungen geführt und im Betrieb aufbewahrt werden.
(4) Sämtliche die Produktqualität beeinflussenden Prozesse, Methoden und Systeme sind vor ihrem routinemäßigen Einsatz sowie nach deren Änderungen zu validieren, wobei sich die Validierungstiefe und der Validierungsumfang auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements zu bestimmen haben.
(5) Änderungs-Managementsystem ist Teil des pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems und dient der Erfassung und Evaluierung aller Änderungen, die den Prozess der Neuverblisterung betreffen können, oder sonstiger die Produktqualität beeinflussender Faktoren.
(6) Die Selbstinspektion ist Teil des pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems und muss in regelmäßigen Abständen nach einem im Voraus schriftlich festgelegten Programm durchgeführt werden, um Vorschläge für eventuell notwendige Korrektur- oder Vorbeugemaßnahmen zu machen. Über die Selbstinspektion und die anschließend ergriffenen Korrektur- oder Vorbeugemaßnahmen müssen Aufzeichnungen geführt und aufbewahrt werden.
(7) Jede Abweichung ist, sofern sie Auswirkungen auf die Arzneimittelqualität haben kann, zu untersuchen, zu beurteilen, zu dokumentieren und von einer im Rahmen der pharmazeutischen Qualitätssicherung verantwortlichen Person zu unterfertigen. Hinsichtlich der festgestellten Abweichung sind auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen.
(8) In jedem Betrieb muss ein Hygieneprogramm aufliegen, das gemäß dem jeweiligen Stand der Wissenschaft den Anforderungen an die im Betrieb durchzuführenden Tätigkeiten angepasst zu sein hat und so zu gestalten ist, dass nachteilige äußere Einwirkungen, insbesondere Verunreinigungen, betreffend Räumlichkeiten, Ausrüstung, Arzneimittel oder Verpackungsmaterial verhindert werden.
§ 6.1 (1) Jeder Betrieb muss über fachkundiges und angemessen qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl verfügen. Das Personal darf nur entsprechend seiner Ausbildung und seinen Kenntnissen eingesetzt werden.
(2) Die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche innerhalb des Betriebes sind in einem Organisationsschema festzulegen, das im Betrieb aufliegen muss.
(3) Die Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in leitender oder verantwortlicher Stellung müssen in Arbeitsplatzbeschreibungen festgelegt werden.
(4) Organisationsschema und Arbeitsplatzbeschreibungen sind nach betriebsinternen Verfahren zu genehmigen.
(5) Den in Abs. 3 genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind ausreichende Befugnisse einzuräumen und alle erforderlichen Mittel und Informationen zur Verfügung zu stellen, damit sie ihrer Verantwortung nachkommen und ihre Aufgaben erfüllen können.
(6) Das Personal muss nach einem Schulungsprogramm, das nach betriebsinternen Verfahren zu genehmigen ist, vor Aufnahme der Tätigkeit und danach fortlaufend geschult werden.
(7) Die effiziente Umsetzung der Schulungen muss regelmäßig bewertet werden. Die Schulungen müssen sich insbesondere auf die Theorie und Anwendung des pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems erstrecken. Die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
(8) Das Hygieneprogramm gemäß § 5 Abs. 8 ist je nach Tätigkeitsbereich den mit der Neuverblisterung und damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten betrauten Personen und den mit Aufgaben der Reinigung, Desinfektion, Entsorgung oder Schädlingsbekämpfung beauftragten Personen vor Beginn ihrer Tätigkeit und auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements nach Änderung des Hygieneprogramms zur Kenntnis zu bringen.
§ 7.1 (1) Jeder Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c muss über eine sachkundige Person verfügen, für die – sofern zutreffend – die Anforderungen des § 7 der Arzneimittelbetriebsordnung, BGBl. II Nr. 324/2008, gelten. Weiters hat dieser Betrieb eine Herstellungsleiterin/einen Herstellungsleiter zu bestellen, für den – sofern zutreffend – die Anforderungen des § 8 der Arzneimittelbetriebsordnung gelten.
(2) Die Neuverblisterung von Arzneimitteln in einer öffentlichen Apotheke oder in einer Anstaltsapotheke ist eine pharmazeutische Tätigkeit, die gemäß § 3 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung 2005 nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 der Pharmazeutischen Fachkräfteverordnung nur von allgemein berufsberechtigten Apothekern ausgeübt werden darf. Anderes Apothekenpersonal darf unterstützend herangezogen werden.
(3) Jede Blistercharge ist vor dem Inverkehrbringen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes
freizugeben.3
(4) Die in Abs. 3 genannten Personen haben insbesondere vor der Freigabe für jede Blistercharge in einem fortlaufenden Register oder einem vergleichbaren Dokument die Einhaltung der jeweiligen Vorschriften zu bescheinigen.
(5) Im Hinblick auf die Anforderungen gemäß Abs. 4 müssen die in Abs. 3 genannten Personen mit den für die Neuverblisterung eingesetzten Verfahren vertraut sein.
§ 8.1 (1) Jeder Betrieb hat Datensicherheitsmaßnahmen gemäß §§ 14 ff Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 133/2009, zu ergreifen.
(2) Alle Personen, die mit der Neuverblisterung oder damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten betraut sind, haben personenbezogene Daten, die ihnen ausschließlich auf Grund ihrer diesbezüglichen Tätigkeit anvertraut wurden oder zugänglich gemacht worden sind, unbeschadet sonstiger bestehender Verschwiegenheitspflichten2, sowohl während als auch nach Ende ihrer Tätigkeit geheim zu halten, soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht.
§ 9.1,2 (1) Die Betriebsräume müssen sich in einem ordnungsgemäßen baulichen Zustand befinden und für die zu verrichtenden Tätigkeiten geeignet und in hinreichender Anzahl und Größe vorhanden sein, so dass eine dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Neuverblisterung und damit in Zusammenhang stehende Arbeitsgänge gewährleistet sind. Die Betriebsräume sind durch geeignete Maßnahmen vor dem Zutritt unbefugter Personen zu schützen.
(2) Die Betriebsräume müssen für einen bestimmten Verwendungszweck gewidmet sein. Betriebsräume dürfen nicht widmungswidrig verwendet werden. Der Verwendungszweck der einzelnen Betriebsräume ist in einem Raumwidmungsplan festzulegen, der im Betrieb aufliegen muss.
(3) Die Betriebsräume dürfen für andere als die in Abs. 1 genannten Tätigkeiten nicht verwendet werden.
(4) Die Betriebsräume sind so anzuordnen, dass ein geordneter, übersichtlicher und reibungsloser Ablauf sämtlicher Arbeitsgänge gewährleistet ist. Auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements ist zu gewährleisten, dass die Betriebsräume so ausgelegt, gestaltet und genutzt werden, dass das Risiko von Fehlern minimal ist.
(5) Eine gründliche Reinigung und Instandhaltung muss möglich sein, um Verunreinigungen, Kreuzkontaminationen, Verwechslungen und ganz allgemein jeden die Qualität des Produktes beeinträchtigenden Effekt zu vermeiden. Betriebsräume müssen hinsichtlich ihrer Eignung überprüft werden und sind einer Qualifizierung zu unterziehen.
(6) Beleuchtung, Beheizung, Belüftung und Klimatisierung der Betriebsräume müssen den jeweiligen Erfordernissen der durchzuführenden Arbeitsgänge und den Anforderungen an die Qualität der Arzneimittel entsprechen. Falls die Luft für Betriebsräume rezirkuliert wird, sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Kontamination oder Kreuzkontamination verhindern.
(7) Arbeitsgänge innerhalb der im Abs. 1 genannten Betriebsräume sind zur Verhinderung von Verunreinigungen und Verwechslungen in spezifisch zugeordneten Bereichen von angemessener Größe vorzunehmen, insbesondere für
(8) Das Entblistern und das Neuverblistern im selben Betriebsraum dürfen nur in zeitlicher Trennung erfolgen.
§ 10.1 (1) Die Ausrüstung, wie Maschinen und Instrumente, sowie sonstige Betriebs- und Hilfsmittel müssen für die im Betrieb zu verrichtenden Arbeiten jeweils geeignet und in hinreichender Anzahl vorhanden sein, so dass eine dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Neuverblisterung und damit in Zusammenhang stehende Arbeitsgänge gewährleistet sind.
(2) Auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements ist zu gewährleisten, dass die Ausrüstung so ausgelegt, gestaltet und genutzt wird, dass das Risiko von Fehlern minimal und die Anordnung der Ausrüstung dem praktischen Ablauf der Prozesse angepasst ist.
(3) Das Design der Ausrüstung muss sicherstellen, dass sie leicht zu reinigen und sauber zu halten ist. Die Ausrüstung ist in angemessenen Intervallen zu warten. Sofern für die Arzneimittelsicherheit erforderlich, ist die verwendete Ausrüstung zu kalibrieren.
(4) Die Ausrüstung und ihr jeweiliger Einsatz sind auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements in Bezug auf kritische Herstellungs- oder Kontrollvorgänge zu bewerten. Ausrüstung, die für hinsichtlich der Produktqualität als kritisch eingestufte Herstellungs- oder Kontrollvorgänge verwendet wird, ist einer Qualifizierung zu unterziehen, mit einem unverwechselbaren Identifikations- oder Codierungssystem zu kennzeichnen und in einer Liste anzuführen, die im Betrieb aufliegen muss.
(5) Automatische, elektronische Ausrüstung sowie Computer und EDV-Systeme dürfen für die Neuverblisterung von Arzneimitteln und deren Kontrolle nur verwendet werden, sofern – wo zutreffend – eine Kalibrierung, Qualifizierung oder Validierung vorgenommen wurde.
(6) Blisterautomaten müssen so konstruiert sein und betrieben werden, dass die mechanische Beanspruchung der neu zu verblisternden Darreichungsform auf ein Minimum reduziert wird und dass gegebenenfalls der entstehende Staub und die Bruchstücke nicht zu Kreuzkontaminationen führen.
§ 11.1 (1) Arzneimittel, die gemäß dem Arzneimittelgesetz nicht in Verkehr gebracht werden dürfen (nicht verkehrsfähige Arzneimittel), sind sofort auffällig als solche zu kennzeichnen und umgehend auszusondern. Es sind alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ein Weiterverarbeiten oder Inverkehrbringen zu verhindern.
(2) Jeder Betrieb ist verpflichtet, neuverblisterte Arzneimittel, die er abgegeben hat, auf Verlangen zwecks schadloser Beseitigung zurückzunehmen, wenn
(3) Zurückgenommene neuverblisterte Arzneimittel, die in den Verantwortungsbereich eines Betriebes fallen, sind nicht mehr dem Verkauf bestimmten Beständen zuzuordnen.
§ 12.1 Im Hinblick auf neuverblisterte Arzneimittel muss jeder Betrieb ein System führen, um Beanstandungen systematisch aufzuzeichnen, zu überprüfen und wirkungsvolle systematische Vorkehrungen zu treffen, damit diese jederzeit schnell zurückgerufen werden können. Der Betrieb hat jede Beanstandung eines Mangels aufzuzeichnen und zu untersuchen. Über jeden Mangel, der möglicherweise zu einem Rückruf oder einer ungewöhnlichen Einschränkung des Vertriebs führt, hat der Betrieb unverzüglich das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu unterrichten.
§ 13.1 (1) Die einzelnen Neuverblisterungsschritte müssen nach vorher erstellten schriftlichen Anweisungen und Verfahrensbeschreibungen (Herstellungsvorschrift) durchgeführt werden.
(2) Es müssen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, um Kreuzkontaminationen und Verwechslungen zu vermeiden. Die Maßnahmen zur Verhütung der Kreuzkontamination und ihre Wirksamkeit sind in regelmäßigen Abständen nach festgelegten Verfahren zu überprüfen.
(3) Vor jedem Verarbeitungsvorgang muss sichergestellt werden, dass der Arbeitsbereich und die Ausrüstung sauber und frei von allen für die geplanten Arbeitsgänge nicht benötigten Materialien, Produktrückständen oder Unterlagen sind.
(4) Es müssen angemessene und ausreichende Mittel für die Durchführung der Inprozesskontrollen zur Verfügung stehen.
(5) Sofern zur Neuverblisterung vorgesehene Arzneimittel sich durch Farbe, Form, Größe oder Gewicht nicht unterscheiden lassen, dürfen diese nicht im selben Einzelblister neuverblistert werden.
(6) Wäge-, Mess- und Unterteilungsoperationen für Arzneimittel sind angemessen zu überwachen.
(7) Die Teilung von Tabletten ist nur zulässig, wenn die verschriebene Dosierung der Arzneispezialität nicht als Darreichungsform tatsächlich in Verkehr gebracht und eine Bruchrille vorhanden ist, die laut Angabe in der Gebrauchsinformation einer Teilbarkeit im Sinne der Dosisteilung dient.
(8) Arzneispezialitäten, deren Verfalldatum oder deren Standzeit gemäß § 14 Abs. 4 nach Entblisterung im Vorratsbehältnis abgelaufen ist, dürfen nicht neuverblistert werden. Hiezu sind geeignete Kontrollmaßnahmen zu etablieren.
(9)2 Entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik ist im Vorhinein auf Basis eines Qualitätsrisikomanagements schriftlich festzulegen, welche Arzneimittel für eine Ent- und Neuverblisterung geeignet sind und welche nicht ent- und neuverblistert werden dürfen. Insbesondere ist dabei zu achten auf:
Die Einhaltung dieser Vorgaben ist im Rahmen der Neuverblisterung zu überprüfen.
(10) Das Verfalldatum für die Einzelblister ist auf Basis eines Qualitätsrisikomanagements festzulegen.3
(11) Bei der abschließenden Kontrolle vor der Freigabe gemäß § 7 Abs. 3 sind die Produktionsbedingungen, die Ergebnisse der Inprozesskontrollen, die Überprüfung der Herstellungsunterlagen und die Übereinstimmung der Blisterchargen mit ihren Spezifikationen, einschließlich der Endverpackung, zu berücksichtigen.
(12) Die Herstellung einer Blisterration darf nicht mehr als den Wochenbedarf eines Patienten/einer Patientin umfassen. Sofern es im Sinne der Patientenversorgung erforderlich ist und aus Gründen der Arzneimittelsicherheit keine Bedenken bestehen, darf eine Blisterration auch für einen Bedarf eines Patienten/einer Patientin von längstens zwei Wochen hergestellt werden.4
§ 14. (1) Die entblisterten Arzneimittel sind unmittelbar in geschlossene, geeignete Behältnisse zu geben. Diese müssen mit mindestens folgenden Angaben gekennzeichnet oder eindeutig nachvollziehbar maschinenlesbar codiert sein:
(2) Ein Auffüllen der Behältnisse mit anderen Arzneimitteln oder demselben Arzneimittel, das nicht derselben Charge angehört, ist nicht zulässig.
(3) Zum Entblistern vorgesehene Arbeitsbereiche sind voneinander so zu trennen, dass Kreuzkontaminationen und Verwechslungen vermieden werden. Im jeweiligen Arbeitsbereich darf zu jeder Zeit nur eine Arzneispezialität entblistert werden, wobei vor der Entblisterung einer anderen Arzneispezialität der jeweilige Arbeitsbereich zu reinigen ist.
(4) Für die Zwischenlagerung entblisterter Arzneimittel sind auf Basis des Qualitätsrisikomanagements, gegebenenfalls unter Miteinbeziehung von Stabilitätsdaten, Standzeiten und Lagerbedingungen festzulegen.
(5) Am Arbeitsplatz des Entblisterns ist eine ausreichende Absaugung zu betreiben.
§ 15. (1) Blisterautomaten sind zu qualifizieren.
(2) Hinsichtlich der Datensoftware sind die Eignung der Schnittstellen und der Datenübertragung sowie die Datenintegrität zu validieren.
(3) Vor Beginn der Herstellung einer Blistercharge ist zu überprüfen, ob der Blisterautomat, damit zusammenhängende weitere Verpackungsmaschinen und die unmittelbare Umgebung frei von Arzneimitteln aus der vorausgegangenen Blistercharge und frei von jeglichen anderen Rückständen sind.
(4) Eine zahlenmäßige Gegenüberstellung der für die Neuverblisterung eingesetzten Arzneimittel und dem Inhalt der Einzelblister ist sicherzustellen.
§ 16.1 (1) Für die Reinigung von Betriebsräumen ist ein geeignetes Verfahren festzulegen, das sicherstellt, dass Kreuzkontaminationen vermieden werden.
(2) Für die Reinigung von Blisterautomaten ist ein geeignetes Verfahren festzulegen, das die Vorgaben des Blisterautomatenherstellers berücksichtigt und sicherstellt, dass durch den Abrieb der neu zu verblisternden Arzneimittel Kreuzkontaminationen vermieden werden. Die Vorratsbehältnisse der Blisterautomaten sind in regelmäßigen Abständen zu reinigen.
(3) Für die Reinigung sind auf Basis des Qualitätsrisikomanagements im Vorhinein regelmäßige Reinigungsintervalle festzulegen.
(4) Reinigungsverfahren sind zu validieren.
§ 17.1 (1) Die Eignung der für die Neuverblisterung eingesetzten Folien ist nachzuweisen. Für die Eingangskontrollen sind Testmethoden und Prüfspezifikationen festzulegen. Die im Europäischen Arzneibuch genannten Monographien sind – soweit anwendbar – zu Grunde zu legen.
(2) Blisterchargen sind visuell, durch optische Kontrollsysteme oder sonstige geeignete Maßnahmen zu überprüfen. Hierbei sind zumindest folgende Merkmale zu überprüfen:
(3) Fehlfüllungen sind durch visuelle Kontrollen oder qualifizierte optische Erkennungssysteme auszuschließen.
(4) Die Ergebnisse der Prüfungen sind in einem Prüfprotokoll zu dokumentieren.
§ 18.1 (1) Lagerung und Lieferung von neuverblisterten Arzneimitteln haben unter Bedingungen zu erfolgen, die dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, insbesondere so, dass keine Verwechslung oder eine Kontamination oder Kreuzkontamination und keine Veränderung der Qualität und Wirksamkeit möglich sind.
(2) Blisterrationen sind getrennt von anderen Waren und so zu lagern, dass ihre Qualität nicht beeinträchtigt wird und eine Kontamination oder Kreuzkontamination vermieden wird.
(3) Allen Lieferungen von neuverblisterten Arzneimitteln müssen Unterlagen beigefügt werden, aus denen mindestens folgende Angaben zu entnehmen sind:
§ 19. (1) Sofern nichts Anderes über die Aufbewahrung von Aufzeichnungen, Berichten oder Dokumenten bestimmt ist, sind die Unterlagen ab der letzten datierten Unterschrift mindestens drei Jahre im Betrieb aufzubewahren.
(2) Jeder Betrieb muss über ein seinem Tätigkeitsbereich entsprechendes Dokumentationssystem einschließlich einem System zur Erstellung, Überarbeitung und Genehmigung von Dokumenten durch geeignete und befugte Personen verfügen.
(3) Für jeden Tätigkeitsbereich des Betriebes, der Auswirkungen auf die Qualität von Arzneimitteln oder Verpackungsmaterial haben kann, müssen schriftliche Anweisungen oder Verfahrensbeschreibungen oder sonstige entsprechende Dokumente im Betrieb aufliegen, die von geeigneten und befugten Personen zu genehmigen sind.
(4) Die Unterlagen müssen klar und deutlich, vollständig und auf dem aktuellen Stand sein. Jede Änderung einer Eintragung in einem Dokument muss abgezeichnet, begründet und datiert sein. Trotz Änderung muss die ursprüngliche Information lesbar bleiben. Sofern angezeigt, muss der Grund für die Änderung dokumentiert werden.
(5) Werden Daten nicht schriftlich, sondern mit elektronischen, fotografischen oder anderen Datenverarbeitungssystemen aufgezeichnet, sind detaillierte Verfahrensbeschreibungen bezüglich des verwendeten Systems zu erstellen. Nach Außerdienststellung der jeweiligen Ausrüstung oder des Computers sowie EDV-Systems sind darüber schriftliche Aufzeichnungen im Betrieb aufzubewahren.
(6) Jeder Betrieb muss nachweisen, dass die Daten während des voraussichtlichen Aufbewahrungszeitraums ordnungsgemäß gespeichert werden. Die mit solchen Systemen gespeicherten Daten müssen jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorgelegt werden. Elektronisch gespeicherte Daten müssen durch Maßnahmen wie Duplizierung oder Back-up und Übertragung in ein anderes Speichersystem gegen Datenverlust oder Datenbeschädigung geschützt werden. Diese Maßnahmen müssen nachvollziehbar dokumentiert sein.
(7) Auf Blisterchargen bezogene Unterlagen müssen mindestens drei Jahre1 über den Zeitpunkt der Freigabe hinaus aufbewahrt werden.
(8) Die Dokumentation hat eine nach dem Stand der Wissenschaft lückenlose Rückverfolgbarkeit des Neuverblisterungsprozesses bis zum jeweiligen Empfänger sicherzustellen.
(9) Für Blisterautomaten ist ein Logbuch zu führen, in dem insbesondere Folgendes zu dokumentieren ist:
§ 20. (1) Für das Entblistern ist eine klare Prozessbeschreibung zu erstellen, die zumindest folgende Punkte zu berücksichtigen hat:
(2) Über das Entblistern ist ein Protokoll anzufertigen, welches mindestens folgende Angaben zu enthalten hat:
§ 21. (1) Für jede Blistercharge muss eine dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende Herstellungsvorschrift aufliegen und allen an der Neuverblisterung beteiligten Personen während ihrer Tätigkeit ständig zur Verfügung stehen.
(2) Die Herstellungsvorschrift ist je nach Betrieb
zu genehmigen.
(3) Jede Änderung der Herstellungsvorschrift hat entsprechend den Vorgaben des pharmazeutischen Qualitätssicherungssystems zu erfolgen.
(4) Die Herstellungsvorschrift hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:
§ 22. (1) Über jede Blistercharge ist ein Herstellungsbericht zu verfassen.
(2) Der Herstellungsbericht muss zumindest folgende Angaben enthalten:
§ 23. (1) Das Hygieneprogramm gemäß § 5 Abs. 8 hat zumindest zu enthalten:
(2) Über die im Sinne des Abs. 1 zutreffendenfalls durchgeführten Maßnahmen sind Aufzeichnungen zu führen, die im Betrieb aufzubewahren sind.
§ 24. Ein Wartungs- und – sofern für die Arzneimittelsicherheit erforderlich – Kalibrierungsprogramm, das schriftliche Anweisungen über Wartung, Kalibrierung und Überprüfungen der Ausrüstung einschließlich Zubehör und Werkzeug zu enthalten hat, ist schriftlich zu erstellen und im Betrieb aufzubewahren. Die Anweisungen haben insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
§ 25. In schriftlichen Verfahrensbeschreibungen sind die Arbeitsgänge festzulegen, die die Qualität der Arzneimittel beeinflussen können, insbesondere über
§ 26.1 (1) Die Einzelblister haben mindestens folgende Angaben aufzuweisen:
(2) Sofern auf Grund der bei der Neuverblisterung eingesetzten Ausrüstung eine Kennzeichnung gemäß Abs. 1 auf einem Einzelblister nicht möglich ist, haben die Blisterrationen diese Angaben aufzuweisen.
(3) Die Angabe einer vom Arzt verordneten Gebrauchsanweisung kann entfallen, wenn deren Verfügbarkeit auf andere Weise sichergestellt ist.
(4) Die Kennzeichnung ist deutlich sicht- und lesbar, übersichtlich und dauerhaft anzubringen. Es sind die deutsche Sprache, Druckbuchstaben des lateinischen Alphabets und arabische Ziffern zu verwenden, es sei denn, es sind Maßeinheiten oder wissenschaftliche Bezeichnungen zu gebrauchen, die eine andere Sprache oder andere Zeichen erforderlich machen, oder es handelt sich um handelsübliche fremdsprachliche Bezeichnungen. Die Schriftgröße (Höhe der Großbuchstaben) hat zumindest 1,8 mm (das entspricht 8 Punkt) zu betragen.
§ 27. (1) Öffentliche Apotheken haben den Patienten und gegebenenfalls dem Pflegepersonal die Gebrauchsinformation der neuverblisterten Arzneispezialitäten samt einer Dokumentation des Aussehens der neuverblisterten Arzneimitteln und der Verpackung nachweislich bei Neuverschreibung zur Verfügung zu stellen oder zugänglich zu machen. Wesentliche Änderungen der Gebrauchsinformation oder des Aussehens, die die Patientensicherheit betreffen, sind unverzüglich und nachweislich zur Kenntnis zu bringen.1
(2) Auftragnehmer gemäß § 4 Abs. 1 bzw. von einem hausapothekenführenden Arzt/einer hausapothekenführenden Ärztin beauftragte öffentliche Apotheken haben der beauftragenden Apotheke bzw. dem beauftragenden hausapothekenführenden Arzt/der hausapothekenführenden Ärztin die Gebrauchsinformation der neuverblisterten Arzneispezialitäten samt einer Dokumentation des Aussehens der neuverblisterten Arzneimittel und der Verpackung zur Verfügung zu stellen oder zugänglich zu machen.
(3) Abs. 2 gilt sinngemäß für Anstaltsapotheken als Auftragnehmer.
§ 28.1 Der von der Europäischen Kommission erstellte Leitfaden einer Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel und Prüfpräparate samt Anhängen ist in Band 4 der Regelung der Arzneimittel in der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht.
§ 29.1 (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2011 in Kraft.
(2) Öffentliche Apotheken und Anstaltsapotheken, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung Arzneimittel neuverblistern, haben den Anforderungen dieser Verordnung bis zum Ablauf des 30. Juni 2011 zu entsprechen.
Bisher bestanden jedoch abgesehen von den allgemeinen nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften bei der Herstellung von Arzneimitteln zu beachtenden Qualitätsanforderungen noch keine speziellen Vorgaben über die bei der Neuverblisterung und damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten einzuhaltenden Qualitätskriterien. Mit der Neuverblisterungsverordnung werden daher sowohl für öffentliche Apotheken und Anstaltsapotheken als auch für Herstellerbetriebe gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz, die Arzneispezialitäten neuverblistern, spezifische Qualitätsvorgaben geschaffen, die im Sinne der Patientensicherheit für beide Bereiche den selben Standard vorgeben müssen. In der Apothekenbetriebsordnung 2005 - ABO 2005 wurden durch Art. 2 BGBl. II Nr. 4742010 die erforderlichen Adaptierungen vorgenommen (vgl. die Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).
Die Neuverblisterung dient einerseits der Verbesserung der Therapietreue von vor allem multimorbiden Patienten, die täglich verschiedene Arzneimittel zu unterschiedlichen Tageszeiten einnehmen müssen, andererseits einer rationellen Vorgangsweise im betreuten Setting. Das sinnvolle Hauptanwendungsgebiet der Neuverblisterung wird daher der Einsatz in Krankenanstalten, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen sein (Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).
Die Definition der Neuverblisterung gemäß § 2 Abs. 11c Arzneimittelgesetz stellt klar, dass es sich dabei um das Auseinzeln und maschinelle patientenindividuelle Neuverpacken von Arzneimitteln in Einmal-, Tages-, Wochen- oder Monatsration für einen im Voraus bekannten Patienten handelt. Das Service des manuellen Befüllens von Dosierhilfen ist von dieser Definition nicht erfasst. Durch die Neuverblisterungsverordnung wird aus Gründen der Patienten- und Arzneimittelsicherheit grundsätzlich ein Wochenbedarf einer Patientin/eines Patienten als längster möglicher Zeitraum für eine Neuverblisterung von Arzneispezialitäten festgelegt (Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).
Erfasst werden sowohl Systeme, bei denen die Arzneimittel entblistert werden als auch solche Systeme, bei denen der unversehrte Blister geschnitten wird, danach erfolgt die patientenindividuelle Herstellung neuer Blister oder das Einschweißen in Säckchen. Festgehalten sei, dass die allgemeinen Anforderungen an Arzneimittel (§§ 3 ff Arzneimittelgesetz) selbstverständlich auch für neuverblisterte Arzneispezialitäten gelten; es ist daher die bereits im Zulassungsverfahren nachgewiesene Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit weiterhin zu gewährleisten (Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).
Bei der Neuverblisterung von Arzneispezialitäten handelt es sich um eine Herstellung nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften, die entweder im Auftrag des Patienten oder seiner Betreuungseinrichtung im Namen des Patienten oder nach besonderer Anordnung des Arztes mit Einverständnis des Patienten durch eine öffentliche Apotheke oder eine Anstaltsapotheke durchgeführt wird oder durch einen von diesen beauftragten externen Dienstleister, der über eine entsprechende Herstellungsbewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz verfügen muss (Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).
In der Apothekenbetriebsordnung 2005 - ABO 2005 wurden durch Art. 2 BGBl. II Nr. 434/2010 begleitend Regelungen aufgenommen, die die Verpflichtung der versorgenden Apotheke (die den Neuverblisterungsauftrag des Patienten entgegennimmt) festschreiben, daneben wurden weitere Anpassungen im Zusammenhang mit der Neuverblisterung vorgenommen (Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf).